Mercedes-Benz 600 (W100)

Der unbestrittene Star der IAA 1963 war der neue "große" Mercedes-Benz 600. Ein Luxusautomobil allerhöchster Güte, welches es mit der exklusiven Weltelite von Rolls-Royce, Bentley, Cadillac und Lincoln aufnehmen wollte und konnte. Als technische Besonderheit verfügte der Wagen über eine ausgeklügelte Druck-Hydraulik-Anlage, welche nicht nur die Federung des Fahrwerks ersetzte und einen Niveauausgleich bewerkstelligte, sondern auch noch diverse Komfortmerkmale in Bewegung versetzte. So wurden durch diese etwa die Servolenkung, Sitz-, Schiebedach- und Fensterverstellung, die Belüftungsklappen der Karosserie, eine Trennscheibe (soweit vorhanden), die Zentralverriegelung, die Stoßdämpferverstellung und das Lösen der Feststellbremse beim Anfahren gesteuert. Darüber hinaus funktionierten die Türschlösser, die Kofferraumverriegelung und die Verriegelung der Tankklappe mittels Druckluft. Damals ebenfalls nur der teuersten Automobilen vorbehalten war das Vorhandensein einer Klimaanlage, die im Mercedes 600 sogar elektronisch arbeitete. Der Nachteil des Systems war allerdings eine sehr hohe Wartungsintensität und die Tatsache, dass der Wagen im Stand bis auf den tiefsten Stand seines Fahrwerks absackte. Letzteres sah zwar etwas "unwürdig" aus, war jedoch technisch gesehen absolut ungefährlich.

Technisch hatte man ebenfalls aus dem Vollen geschöpft: Unter der Haube arbeitete ein 6,3 Liter großer Achtzylinder, der standfeste 250 PS entwickelte. Damit war der über 2,4 Tonnen schwere Wagen in der Lage, eine Höchstgeschwindigkeit von 205 km/h bei höchstmöglichem Komfort zu erreichen. Selbst der 70 (!) cm längere und 2630 Kilogramm schwere Pullman mit bis zu acht Sitzen schaffte noch knapp die 200 km/h-Grenze. Letzterer war dabei übrigens auf Wunsch auch mit sechs statt vier Türen erhältlich. Der Gipfel des Luxus schließlich war das in nur 59 Exemplaren gefertigte Landaulet auf Basis des Pullman. Der Paradewagen schlechthin und ebenfalls auf Wunsch mit sechs Türen und fast jeder gewünschten Sonderausstattung erhältlich.

Bemängelt wurde - natürlich - der hohe Preis von anfänglich fast 60.000,- DM in der Bundesrepublik Deutschland und die etwas "steif" aussehende Karosserie. Diese hätte durchaus etwas ansprechender gestaltet sein können. Den Reichen und Wichtigen der Welt war dies allerdings egal. Jeder, der etwas auf sich hielt, fuhr Mercedes 600. Bekannte Beispiele waren Herbert von Karajan, der Chef der sowjetischen KPDSU Leonid Breschnjew, Elvis Presley, Papst Paul VI. und John Lennon. Nur der deutsche Kanzler und der Bundespräsident, die fuhren niemals Mercedes 600. Man übte sich in Bescheidenheit vor dem eigenen Wählervolk. Außer es kamen illustre Gäste aus dem Ausland. Dann lieh man sich in Stuttgart-Untertürkheim speziell für solche Anlässe vorbereitete Mercedes 600 mit erhöhtem Dach oder in der Landaulet-Ausführung.

Gemessen an der Bauzeit war der Mercedes 600 außerordentlich erfolgreich. Die Produktion dauerte von September 1964 (Präsentation September 1963) bis zum 18. Juni 1981. In den letzten Jahren ab 1974 wurden jedoch nur noch weniger als 60 Exemplare pro Jahr gefertigt. Im letzten Jahr der Bauzeit war der Preis übrigens auf DM 144.100,- (Pullman: DM 165.500,-) angestiegen. Die produzierte Stückzahl von lediglich 2677 Wagen war aber für das Werk sicherlich enttäuschend, weshalb der Mercedes 600 auch keinen direkten Nachfolger erhielt. In Deutschland blieben gar nur 586 Exemplare. Heute gilt der Mercedes 600 allerdings als Technik-Ikone, die ein vielfaches Ihres ursprünglichen Preises kostet. Speziell das rare Landaulet kratzt in perfektem Zustand an der 1.000.000,- Euro-Marke, sofern man überhaupt ein Angebot findet.